12. Januar 2024

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75 km Akten dbb-Senioren auf historischen Pfaden

  • Foto: dbb brandenburg

Unsere deutsche Geschichte ist bis in die Gegenwart hinein geprägt durch den Ersten und Zweiten

Weltkrieg und deren Verluste an Menschenleben. Noch immer sind viele Angehörige im Unklaren über das Schicksal ihrer Verwandten, Familienmitglieder oder Ehepartner, die im Ersten oder Zweiten Weltkrieg als ehemalige Wehrmachtangehörige eingezogen wurden oder in Einrichtungen der Wehrmacht tätig waren.

Nach Artikel 77 der Genfer Konvention von 1929 waren bei Beginn der Feindseligkeiten nationale amtliche Auskunftsstellen über die auf dem Gebiet befindlichen Kriegsgefangenen einzurichten. Deren Aufgabe war es, „alle die Gefangenen betreffenden Nachrichten, die sie auf amtlichen oder privaten Wegen erhalten konnte, zu sammeln, und dem Heimatstaat der Gefangenen oder der
Macht, der sie Dienst geleistet haben, zuzustellen. So wurde 1939 in Berlin eine amtliche Auskunftsstelle mit der Bezeichnung „ Wehrmachtauskunftstelle für Kriegsverluste und Kriegsgefangene“ (WASt) eingerichtet. Umfangreiche Unterlagen anderer militärischer und militärähnlicher Verbände, darunter auch die
Marinepersonalakten von Mannschaftsdienstgraden, des Reichsarbeitsdienstes sowie Unterlagen der deutschen Kriegsgefangenen in britischem, amerikanischem, französischem und belgischem Gewahrsam gingen bei der WASt ein. Die ursprünglichen Aufgaben wurden an unterschiedlichen Standorten und mehreren Abteilungen umfangreich und dann zum 1. Januar 2019 auf das Bundesarchiv übergeleitet und erweitert. Auf Einladung unseres Mitglieds Peter Rode hatten einige dbb-Senioren bereits zu Beginn diesen Jahres die Gelegenheit, an der informativen Veranstaltung im Bundesarchiv Abteilung PA (Personenbezogene Auskünfte ) in Berlin-Tegel teilzunehmen. Die stellvertretende Referatsleiterin Birgit Wulf wies darauf hin, dass hier der gesamte Archivbestand von 75.000 laufende Aktenmeter aus allen Ländern mit fast ausschließlich personenbezogenen Daten, z.B. Personalblätter, Einträge in Listen für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen, Erkennungsmarkenverzeichnisse, Gräberlisten zu
Opfergräbern oder Umbettungen zusammengefasst, geordnet und registriert gelagert werden. Darunter sind nicht nur Personalakten von Angehörigen der deutschen Marinen, der Mannschaften und Unteroffizieren, der Lohnempfänger und Lehrlinge, Angestellte, Helferinnen und Schwestern, Versorgungsakten von Angehörigen der Waffen SS, des Heeres und der Luftwaffe, sondern auch
40.000 Krankenbücher sowie Tauglichkeitsuntersuchungen, Aufzeichnungen von Verwundungen und Erkrankungen von 8.000 000 Personen. Die Abteilung MA – Militärarchiv - ist zuständig für das Archivgut der Preußischen Armee ab 1867,
der Kaiserlichen Marine, der Schutztruppen und der Freikorps, der Reichswehr, der Wehrmacht und der Waffen-SS und bewahrt Personalakten von Offizieren, Admirale, Beamten, Ärzte, Richter, Justizpersonal, Geistlichen und Sonderführern, sowie Verleihungsunterlagen zu Orden und Ehrenzeichen aller Dienstgrade auf.
Die Abteilung BE - Bereitstellung - ist zuständig für die Unterlagen der NSDAP, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände. Nach Namen recherchierbar sind: Personalunterlagen von zivilen Bediensteten des deutschen Reiches, Beteiligte in Verfahren von dem Reichsgericht oder einem anderen obersten deutschen Gericht, Hinweise zu Opfern der „Euthanasie“-Maßnahmen, „Volksdeutsche“, die ein Einwanderungsverfahren durchliefen, Personalunterlagen von Angehörigen der SS, SA, Polizei, Organisation Todt, Reichsarbeitsdienst
und Mitgliedschaft in der NSDAP und deren Gliederungen (NS-Lehrerbund, Reichskulturkammer) Welche Aufgaben hat das Bundesarchiv? Während anfangs vor allem Bescheinigungen für behördliche Zwecke erfragt wurden, zum Beispiel Dienstzeitbescheinigungen oder Benachrichtigungen zwecks Schicksalsklärungen
überwiegen nunmehr Anfragen zur Familiengeschichte und zu wissenschaftlichen
Forschungsvorhaben, jedoch immer unter Einhaltung personenbezogener Schutzfristen. Wir hatten natürlich viele Fragen. Birgit Wulf verwies auf den „Tag der Offenen Tür“ am Samstag, 2. März 2024. Mit einem Blick von oben auf das umfangreiche Archivgut, einem Gruppenfoto und herzlichem Dank an Birgit Wulf und Peter Rode beendeten wir diesen hoch interessanten, beeindruckenden
Pfad auf dem Gelände der Borsighallen.

Sabine Wenzel
Seniorenbeauftragte des dbb-Landesbund Brandenburg

10. Januar 2024